Projektumfeld

„Euronics – best of electronics“ – unter diesem Slogan kennt man die beliebten Shops für Consumer-Elektronik, die vom Smartphone bis zum Kühlschrank ein breites Sortiment anbieten. Mit mehr als 1.700 Mitgliedern an über 1.900 Standorten und rund 12.000 Mitarbeitern ist die Euronics Deutschland eG eine der größten Fachhandelskooperationen in ihrem Bereich. Sie ist Partner des europäischen Einkaufs- und Marketingverbundes Euronics International mit Sitz in Amsterdam, der in 31 europäischen Ländern an mehr als 11.000 Standorten vertreten ist. Die Zentrale von Euronics Deutschland befindet sich in Ditzingen. Von dort aus unterstützt sie ihre Mitgliedsunternehmen unter anderem mit IT-Dienstleistungen, pflegt die Datenbanken und betreibt den Online-Shop.

Euronics Deutschland beschafft einen Großteil seiner Hardware auf Leasing-Basis. Alle drei bis vier Jahre laufen die Verträge aus. Diesen Zeitpunkt nutzt die Zentrale der Verbundgruppe als Chance, um die IT-Infrastruktur zu aktualisieren. So auch im Herbst 2015. Da Euronics bereits seit Langem erfolgreich mit Axians zusammengearbeitet hatte, beschloss man auch dieses Projekt gemeinsam mit dem herstellerunabhängigen Ulmer Systemhaus durchzuführen.

Projektanforderungen & Projektziele

Bisher hatte Euronics zwei verschiedene Infrastruktur-Lösungen in Betrieb. SAP und Notes liefen auf dem Betriebssystem IBM AIX und der Hardware-Plattform IBM Power 770. Als Datenbank kam IBM DB2 zum Einsatz. Alle anderen Anwendungen nutzten eine Intel-Plattform mit VMware als Hypervisor. Uli Müller, IT-Leiter bei Euronics: „Die verschiedenen Umgebungen machten die tägliche Administration umständlich. Schließlich muss man immer auch das Know-how vorhalten oder von einem Dienstleister beziehen. Eines unserer wichtigsten Ziele war deshalb die Konsolidierung auf eine Hardware- und eine Hypervisor-Plattform. Wir wollten die SAP-Welt in die VMware-Intel-Welt überführen.“

Außerdem sollte die Datenbank schneller werden. Das war zum einen erforderlich, um die Bestandsdaten der Händler regelmäßig im Webshop zu aktualisieren. Zum anderen bekommt die Zentrale in der Regel übers Wochenende Produktdaten von ihren Lieferanten, die dann verarbeitet werden müssen. Es war absehbar, dass dies bald nicht mehr im vorgesehenen Zeitfenster möglich gewesen wäre. „Wir hätten dann genau planen müssen, wie viele Lieferanten wir noch aufschalten können, damit wir das an einem Wochenende schaffen. Auch die Anzahl der Produkte, die die einzelnen Lieferanten listen können, hätten wir beschränken müssen“, so Uli Müller. „Deshalb war klar, dass wir auch in diesem Bereich optimieren müssen.“ Um den nötigen Performance-Gewinn zu erzielen, kam nur In-Memory-Technologie in Frage.

Eine entscheidende Anforderung von Euronics war, dass die neue Lösung hochverfügbar sein musste. Denn Systemausfälle kann sich die Verbundgruppe nicht leisten. Deshalb hatte man schon im bestehenden System ein aufwendiges Cluster-Konzept entwickelt, das auf die neue Lösung übertragen werden sollte. Zwar bietet VMware als Hypervisor die Möglichkeit, Hardwareausfälle abzusichern. Euronics wollte jedoch auch Konfigurations- und Datenbankfehler abdecken. Das war nur mit einem Cluster umsetzbar.

Umsetzung

Das Projekt begann im November 2015. Zunächst führten die Experten von Axians gemeinsam mit Euronics einen Proof of Concept durch. Sie testeten SAP HANA auf Intel/x86 gegen IBM DB2 BLU – einmal auf einer Intel/x86-Umgebung und einmal auf einer Power7-Umgebung. Auch die DB2-BLU-Datenbank verfügt über In-Memory-Technologie und wäre günstiger in der Einführung gewesen. Das Ergebnis aber war eindeutig: Mit SAP HANA ließ sich im Schnitt eine Leistungssteigerung von 50 Prozent für die gängigen Transaktionen bei Euronics erzielen. Bei den anderen beiden Varianten lag der Vorteil nur bei 20 (DB2 BLU auf Power7) bzw. 30 Prozent (DB2 BLU auf Intel/x86). Außerdem war DB2 BLU zu diesem Zeitpunkt nur für das Business Warehouse und nicht für das kritischere ERP-System freigegeben. Damit war die Entscheidung für SAP HANA gefallen. Da HANA jedoch nur unter Linux läuft, war klar, dass man auch auf ein neues Betriebssystem umsteigen musste.

„Es war eine komplette Neueinführung“, erklärt Alexander Stöckle, Senior Consultant bei Axians. „Wir haben neuen Storage gebraucht und es waren sowohl eine neue Netzwerkinfrastruktur als auch eine neue Serverlandschaft nötig. Unsere IT-Architekten haben die Gesamtlandschaft betrachtet und die neue Umgebung gemeinsam mit Euronics geplant.“ Auch für eine In-Memory-Datenbank ist ein schneller Storage gefragt. Denn beim Start muss ein Teil der Daten zunächst vom Plattensystem in den Hauptspeicher geladen werden. Je schneller das geht, desto eher ist das System betriebsbereit. Außerdem schreibt die Datenbank Transaction Logs, die für die Wiederherstellung nach einem Defekt oder Stromausfall erforderlich sind. Das Speichern dieser Logs darf den eigentlichen Datenbankbetrieb nicht ausbremsen. Um die Disk-I/O-Werte der im Einsatz befindlichen Plattform zu testen, führten Axians und Euronics einen SAP-Performance-Test durch. Auf diese Weise lässt sich schnell feststellen, wo die Stärken und Schwächen der verschiedenen Plattformen liegen. So konnte die Stärke der EMC-Plattform identifiziert werden: Schnelligkeit bei großen Blockgrößen. Als Betriebssystem wählten sie Red Hat Linux. Ein Stolperstein lag in einer Restriktion der SAP HANA Tailored Data Integration (TDI). Sie erlaubt standardmäßig nur eine virtuelle Maschine pro Host. Da Euronics jedoch die gesamte SAP-Welt virtualisiert haben wollte, reichte das nicht aus. Schließlich konnten die Projektverantwortlichen bei SAP eine Sonderfreigabe für TDI erwirken, um mehrere virtuelle Maschinen pro Host zu betreiben.

Eine weitere Herausforderung war die Übertragung des Cluster-Konzepts in die neue Intel/Linux-Umgebung. Hier hatte Euronics Spezialanforderungen: Die Applikationsserver sollten separat von den Datenbankservern sein und doppelt geclustert werden. Euronics entwickelte das grobe Konzept für das Cluster-Gerüst selbst und baute die Cluster-Umgebung unter Linux auf. Dabei standen die Experten von Axians mit entsprechendem SAP-HANA-Know-how beratend zur Seite. Anschließend installierte Axians die HANA-Datenbanken und migrierte die Bestandssysteme. Die Consultants zogen das ERP-System, das Business Warehouse und die Process Integration in die neue x86-Umgebung auf VMware um. Für die Entwicklungssysteme bauten sie Sandboxen auf. Anschließend führten sie diverse HANA-Updates durch. „Wir hatten mit Kinderkrankheiten zu kämpfen“, erklärt Alexander Stöckle. „HANA hatte noch einige Fehler, die wir in Kontakt mit SAP und neuen Releases der Datenbank beheben konnten.“ Im Dezember 2016 waren die ersten SAP-Systeme erfolgreich umgestellt. Der Rest folgte im März und April. Uli Müller fasst zusammen: „Die SAP-HANA-Consultants von der Axians haben uns tatkräftig unterstützt und uns geholfen, den Weg in die Linux-Umgebung zu finden.“

Projektergebnisse

Im Vergleich zum Vorsystem konnte Euronics die Datenbankperformance deutlich verbessern. Im Durchschnitt liegt die Leistungssteigerung bei 50 Prozent – für manche Transaktionen sogar bei mehr als 1.000 Prozent. Das ist zum Beispiel im Controlling der Fall – in diesem Bereich beziehen Auswertungen sogar die Daten aus der Einzelbelegebene mit ein. Entsprechend formulierte Abfragen müssen also Millionen von Datensätzen berücksichtigen. Während dieser Prozess früher bis zu 50 Minuten dauerte, ist er heute in zehn bis 15 Sekunden erledigt.

Durch die Migration hat Euronics die vorherigen IT-Infrastrukturen konsolidiert und die IT-Administration vereinfacht. Es gibt nur noch wenige Altsysteme, die weiterhin auf DB2 arbeiten. Auch sie sollen in Kürze umgestellt werden. Axians unterstützt Euronics weiterhin bei Upgrades, Datenbank-Refreshs oder wenn Urlaubsvertretungen benötigt werden. Außerdem stehen die SAP-HANA-Spezialisten stets als kompetenter Ansprechpartner zur Verfügung.

Für die Zukunft ist die Einführung von S4 HANA geplant. Euronics prüft derzeit, ob und wann sich dies rechnet. „Auch SAP entwickelt neue Systeme ja erst Stück für Stück“, sagt Uli Müller. „Wenn wir heute auf eine S4-Umgebung migrieren würden, müssten wir in manchen Bereichen Abstriche in der Funktionalität machen. Deshalb kann es sinnvoll sein, noch ein bisschen zu warten. Auch wenn wir die vorbereitenden Schritte schon einmal einleiten.“

REFERENZ HERUNTERLADEN