Seit der Pandemie hat es sich etabliert, zumindest teilweise im Home-Office zu arbeiten. Es gehört inzwischen in Büroberufen zum guten Ton, einen Teil der Arbeitszeit im Home-Office bzw. mit Telearbeit zu verbringen. Unsere Autorin hatte vor fünf Jahren einen Erfahrungsbericht zum Thema Arbeiten im Home-Office geschrieben und vergleicht, was sich für sie seitdem verändert hat.
Inzwischen ist es bei uns nach der Corona-Pandemie zur Normalität geworden, bis zu zwei Tage pro Woche – wo möglich – von zuhause aus zu arbeiten. Dieses Angebot wird unterschiedlich genutzt. Ein Blick in die Kollegschaft zeigt, dass gerade in den sogenannten Support-Functions (Marketing, HR, Finance etc.) die Arbeit im Büro oftmals bevorzugt wird. Sie sind auf die Zusammenarbeit mit anderen Abteilungen als Informationsgeber angewiesen und da ist eine persönliche Beziehung unabdingbar. Dennoch machen auch hier viele Gebrauch von den zwei Home-Office-Tagen. Im Sales wiederum sieht das schon anders aus: Die Kolleg:innen verbringen im Idealfall die Arbeitszeit überwiegend beim Kunden und hatten auch schon vorher oftmals die Möglichkeit, im Home-Office zu arbeiten.
Von sozialen Kontakten und der Selbstorganisation
Natürlich hat die Pandemie dem Ganzen einen Boost gegeben. Eines wurde im Rahmen der Digitalisierung vielen deutlich: die persönliche Ebene am Bildschirm ist eine andere als voreinander zu stehen oder im selben Raum zu sitzen. In meinem Blogbeitrag „Selbsttest: Wieviel Virtualität im Arbeitsalltag tut gut?“ im Jahr 2018 beschrieb ich es so: „Mein Selbsttest ist sehr gut gelaufen. (…) Das Einzige, was trotz allem einen faden Beigeschmack hat, ist das Soziale. Natürlich sehe ich meine Kolleg:innen via Video-Calls und alles ist sehr reell. Dennoch bin ich schlagartig alleine, wenn ich auflege. (…)“
Dieses Bild findet sich auch in einer Untersuchung, die in dem Fachblatt „Nature Human Behaviour“* veröffentlicht wurde. Dort kamen die Wissenschaftler zu dem Ergebnis, dass die Home-Office Zeit zwei Tage betragen sollte. Woran liegt das? Die Untersuchungen haben ergeben, dass es am fehlenden direkten sozialen Kontakt liegt. Das hat wiederum Auswirkungen auf die Selbstorganisation, die in der Folge sinkt. In Summe kann das dann zur Unzufriedenheit der Mitarbeitenden führen.
Die Rahmenbedingungen sind ausschlaggebend
Kein Thema wird heißer diskutiert als die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Gerade in Zeiten von Fachkräftemangel und der Fokussierung auf Frauen als wertvolle Arbeits- und Führungskräfte ist es wichtig geworden, die Rahmenbedingungen in Unternehmen so zu orchestrieren, dass Elternteilen beides ermöglicht wird: eine verantwortungsvolle Aufgabe im Job bei gleichzeitig voller Verantwortung für die Familie.
Seit mein Mann und ich den Wunsch geäußert haben, parallel in Vollzeit zu arbeiten, mussten wir die bis dato gängigen Rollen und Aufgaben neu organisieren. Um aber überhaupt an diesen Punkt zu kommen – nämlich die volle Verantwortung im Job wie auch in der Familie zu tragen – bedarf es vor allem dem Verständnis der Vorgesetzten und der passenden Unternehmenskultur.
Dabei kommt es sowohl auf die „internen“ Rahmenbedingungen – damit meine ich die eigenen Voraussetzungen – als auch auf die „externen“ Rahmenbedingungen – damit meine ich das Unternehmen, in dem jemand arbeitet – an.
Zu den internen Rahmenbedingungen gehören für mich:
Selbstorganisation
Mein Mann und ich planen in der Regel vier bis sechs Wochen unserer Arbeitstermine im Voraus – soweit das möglich ist. Wir müssen beide reisen, was in der Regel planbar ist. So teilen wir uns die Tage auf, wann wir jeweils unterwegs sind, und wann der Nachmittag den Kindern gehört. In unserem Video „BE YOU“ habe ich dazu ebenfalls ein Statement gegeben.
Unterstützung durch Familie und/oder Freunde
Bei aller Planbarkeit ist der Support durch Familie oder Freunde unabdingbar. Das Kind durch die Nachbarn von der Kita abholen lassen und dadurch 30 Minuten Zeit gewinnen ist manchmal Gold wert, um entspannt in den Feierabend zu gehen.
Verbindlichkeit
Ich verstehe meine Verantwortung im Job und gegenüber meinen Kindern auch so, dass ich verbindlich bin. Es steht eine Geschäftsreise an? Ich nehme sie wahr. Ich habe meinen Kindern einen Nachmittag im Zoo versprochen? Wir gehen hin. Nur so können sich beide Seiten auf mich verlassen und wissen, dass ich es ernst meine.
Flexibilität
Bei aller Planung und Weitsicht, braucht es bei der Planung auch immer Raum für eine gewisse Flexibilität. Denn Termine können sich kurzfristig verschieben. Hier hilft auch eine offene und klare Kommunikation zu allen Seiten.
Nachsicht
Baut auf den Punkt „Flexibilität“ auf und ist für mich der vermutlich wichtigste Punkt. Im Berufs- wie auch im Privatleben neigt man zu einem gewissen Perfektionismus, weil es einfach viele Dinge zu organisieren und zu regeln gibt. Nach einigen schmerzhaften Erfahrungen kann ich mit Überzeugung sagen, dass es gut ist, mit sich selbst Nachsicht zu haben. Ein Beispiel: An einem nicht offiziellen Feiertag hatte die Schule geschlossen und es gab eine sogenannte Ferienbetreuung. Ich hatte nicht mitbekommen, dass diese Betreuung in einer anderen Schule stattfand. So stand ich verwirrt mit meinem ebenfalls verwirrten Kind vor der verschlossenen Schultür und telefonierte mir die Finger wund. Währenddessen kamen immer wieder Eltern mit Kindern zur Schule, die gar nicht wussten, dass ein Ferientag war. Volles Verständnis für die anderen Eltern, volle Nachsicht mit mir selbst.
Zu den externen Rahmenbedingungen gehören für mich:
Verständnis und Unterstützung
Gerade die Vorgesetzten müssen hinter der Entscheidung stehen, dass ihre Mitarbeitenden sowohl Karriere machen als auch in der Familie Verantwortung tragen wollen. Klare Absprachen, Verständnis für nicht zu ändernde Situationen und das Vertrauen in unsere Expertise und Leistung sind dabei ein großer Motivator.
Erwartungshaltung Kita und Schule
Auch dieser Punkt ist für arbeitende Eltern gar nicht so einfach zu handhaben. Denn oftmals herrscht in Kitas und Schulen die Erwartung, dass wir Eltern bei einem Anruf sofort reagieren und das Kind unvermittelt abholen. Trat dies ein, als ich früher im Kölner Büro arbeitete, musste ich mich tatsächlich sehr eilig auf den Weg machen, da ich eine Anreisezeit von 45 Minuten hatte. In diesen Fällen ist das Arbeiten im Home-Office eine gute Unterstützung, da meistens die Wege kürzer sind. So kann ich zumindest noch die Aufgabe beenden oder zügig regeln. Diese Flexibilität ist für mich ein wichtiger Benefit.
Flexible Arbeitszeit
Um den Mitarbeitenden möglichst viel stressfreie Familienzeit zu ermöglichen, ist neben der anteiligen Home-Office-Arbeit vor allem die flexibel aufteilbare Arbeitszeit ein Schlüsselfaktor bei uns. So arbeiten wir an manchen Tagen länger und an anderen kürzer. Am Ende gleicht es sich in der Summe aus. Für mich bedeutet es aber: an manchen Tagen ruhigen Gewissen früher Schluss zu machen und dafür an anderen Tagen mehr zu erledigen.
Unternehmenskultur
Besonders dieser Punkt ist meines Erachtens nach wichtig. Axians achtet auf die individuelle Vereinbarkeit von Familien- und Berufsleben – darunter fällt zum Beispiel auch eine externe 24/7 Beratung zu verschiedenen Lebenslagen, Back-up-Kinderbetreuung und Pflege. Die Unternehmenskultur bei uns passt zu meinem bevorzugten Arbeitsmodell. Denn ich wurde bisher noch nicht negativ darauf angesprochen, wie ich arbeite. Viele lassen es sich erklären, denn – Hand aufs Herz – eine Vollzeit arbeitende Mutter ist immer noch ein Exot. Wenn dann auch noch Nachmittage dabei sind, an denen die Person dann trotzdem nicht erreichbar ist, ist die Verwirrung komplett. Das lässt sich aber schnell klären und damit ist die Sache dann auch einfach erledigt. An dieser Stelle dafür einen großen Dank!
Wie fällt denn nun mein Resümee aus?
Im Vergleich zu 2018 sind wir natürlich wesentlich weiter und viele haben Erfahrungen im Umgang mit Telearbeit bzw. Home-Office-Arbeit gesammelt. Das hilft sehr im Umgang miteinander.
Tatsächlich ist das Home-Office verbunden mit einer flexiblen Vollzeit für mich der Game-Changer in der Erfüllung meines Wunsches: eine annähernde Ausgewogenheit zwischen der Zeit, die ich mit Arbeit verbringe, und meiner Familienzeit.
Darüber hinaus ist für mich das Home-Office ein Zeitoptimierer geworden. 2018 war mobiles Arbeiten eher eine Möglichkeit mein neu entstandenes Familienleben zu regeln. Ich fokussierte mich auch sehr auf die Anwendung der Technik und die dafür notwendige Ausstattung. Jetzt ist es für mich die Möglichkeit, effektiver und produktiver zu arbeiten. Eine Arbeitsbedingung, die mich – zumindest im richtigen Maß – zufriedener und zuverlässiger Arbeiten lässt. Denn die zu Beginn erwähnte Unzufriedenheit durch das Home-Office nehme ich bei mir ebenfalls wahr. Daher versuche ich immer einen ausgewogenen Mix aus Büro-, Reise- und Home-Office-Zeit herzustellen.
Tatsächlich gibt es auch einen neuen Nachteil: Wenn ich im Home-Office Feierabend mache, dann habe ich manchmal nicht mehr als 10 Sekunden Zeit, um meinen Kopf frei zu kriegen, denn eines meiner Kinder steht schon in der Tür und möchte meine Aufmerksamkeit. Das ist tatsächlich eine mentale Herausforderung, die ich nur dann meistere, wenn ich auch Zeit in mich selbst investiere – und das mit Nachsicht.
*Quelle: https://www.nature.com/articles/s41562-021-01196-4 - The effects of remote work on collaboration among information workers