Projektumfeld

„Schuhe, die mich glücklich machen“ – in der Hamm Reno Group (HR Group) spiegelt bereits der Slogan die klare Ausrichtung und das Portfolio des Unternehmens wider. Die dafür nötige Erfahrung reicht bis ins Jahr 1888 zurück; damals gründete Wilhelm Hamm eine Firma für den Handel mit Schuhleder. Reno hingegen wurde 1977 als Schuhimporteur und Versandhändler gegründet, 1983 eröffneten die ersten Schuhfachmärkte unter dem bekannten Namen. Seit 2005 agieren beide Unternehmen als Hamm Reno Group gemeinsam, die aktuell rund 500 Filialen verteilen sich mittlerweile auf zwanzig verschiedene Länder. Darüber hinaus ist das Unternehmen neben dem Einzelhandel auch im Fach- und Systemhandel an rund 2.200 Standorten aktiv. Jährlich werden rund 25 Millionen Paar Schuhe, Textilien und Accessoires verkauft. Gemeinsam mit Axians setzte der zweitgrößte Schuhhändler in Deutschland eine der weltweit ersten SAP HANA OS/DB-Migrationen von der x86-Technologie auf die IBM Power Plattform um.

Projektanforderungen & Projektziele

Bei der internen Sortimentsplanung und -bereitstellung setzt die HR Group bereits seit längerem auf eine SAP HANA-Umgebung mit zwei x86-Servern als Appliance unter Suse Linux Enterprise. Matthias Schäfer, Bereichsleitung Anwendungsentwicklung, dazu: „SAP HANA ist das Herzstück unserer internen Planung. Hier aggregieren wir die Daten aus rund 2.200 Filialstandorten und von 3.000 bis 4.000 Schuhmodellen. Aus der Historie der jeweiligen Verkäufe – und unter Berücksichtigung der tagesaktuellen Bestände – leiten wir Durchschnittswerte für hunderte von Filialen und Prognosen für die kommende Saison ab. Interessant dabei ist unter anderem, wie sich Sortiments- und Modelländerungen auf das verfügbare Gesamtbudget auswirken. Unser Category Management möchte die mögliche Auswirkung einer planerischen Entscheidung sofort erkennen, deswegen sind wir hier auf eine zeitnahe Bearbeitung möglichst in Realtime angewiesen.“ Darüber hinaus wird SAP HANA intern von momentan rund 100 Mitarbeitern aus dem Controlling, Vertrieb und der Revision benutzt, um beispielsweise unklare Vorgänge mittels einer Kassenbon-Verarbeitung und -analyse bis auf den Einzelbeleg hinunter nachvollziehen zu können. Der Datenbestand in SAP HANA summiert sich auf rund 300 GB und Millionen von Datensätzen. Schäfer ergänzt: „Mit der Performance unserer x86-Appliances waren wir zwar grundsätzlich zufrieden, der Schuh drückte uns aber an einer anderen Stelle: Die x86-Technologie stellte angesichts unserer ansonsten rein auf IBM Power-Technologie basierenden weiteren IT-Umgebungen quasi einen ‚Fremdkörper’ dar. Aus technischen Gründen waren wir allerdings darauf angewiesen, da SAP HANA bislang nur für x86 verfügbar war.“

Umsetzung

Anfang 2015 gab SAP schließlich die Verfügbarkeit von SAP HANA für IBM Power-Systeme im Ramp-up bekannt. Ausgewählten Kunden stehen im Rahmen dieses Programms Software und neue Technologien vor der Markteinführung zur Verfügung. Dadurch erhielt die HR Group als eines der ersten Unternehmen weltweit die Chance zur Vereinheitlichung aller Systeme im eigenen Rechenzentrum. Die Migration auf IBM Power wurde gemeinsam mit dem langjährigen IT-Partner Axians und IBM in Angriff genommen. Funktionen wie „System Landscape Transformation“ waren zu Beginn noch nicht freigegeben, obwohl aus technischer Sicht kein Hinderungsgrund vorhanden war. Eine allgemeine Freigabe konnte durch die Zusammenarbeit aller Beteiligten bis zum Go-Live erwirkt werden. Schäfer zum Projektstart: „Unsere Entscheidung zur Homogenisierung der IT wurde durch den Umstand begünstigt, dass die x86-Systeme zum Jahresende ohnehin aus dem Leasing gelaufen wären. Wir konnten diese ‚Insel-Appliances’ zudem ohne eine Anschlussinvestition durch IBM Power-Systeme ersetzen und dadurch die bisherigen monatlichen Leasing-Gebühren im vierstelligen Bereich einsparen.“ Neben den bereits aus kaufmännischer Sicht überzeugenden Argumenten sprachen laut Schäfer vor allem die technischen für den Plattformwechsel: „Mit der IBM Power-Plattform können wir die zahlreich vorhandenen Virtualisierungsmöglichkeiten, etwa bei CPU und RAM, sowie Features wie Live Partition Mobility, auch für SAP HANA nutzen, sobald SAP sie auch für Produktivsysteme freigegeben hat. Hiervon versprachen wir uns künftig mehr Flexibilität und eine höhere Skalierbarkeit bei bestimmten Anforderungsszenarien.“ Zunächst erfolgte der Aufbau der vorhandenen IBM Power S822L-Maschine mit zwei redundanten virtuellen I/O-Servern und die Installation einer SUSE Linux Enterprise 11 LPAR. In enger Abstimmung mit IBM, SAP und mit technischer Unterstützung von Fabian Kulla, Senior Consultant SAP bei Axians, wurde im Anschluss die Migration der bestehenden 2-System SAP Business Warehouse-Umgebung von x86 auf IBM Power vorgenommen. Um eine hochperformante und gleichzeitig auch redundant ausgelegte Storage-Anbindung gewährleisten zu können, entschied man sich zum Einsatz der N_Port ID Virtualization (NPIV)-Technologie. Diese wird im Hause Hamm Reno bereits in der AIX-Umgebung angewendet.

Wegen des unterschiedlichen Endian-Typs der beiden Plattformen – erst SUSE 12 verwendet auch im IBM Power-Umfeld Little-Endian – erfolgte die Migration mittels R3load. Dabei galt es, aufgrund der Datenbankgröße, im Vorfeld die potenziellen Engstellen bei der Netzwerkbandbreite sowie den zugeordneten CPU- und RAM-Ressourcen zu beachten. Der parallele Ex- und Import nahm dann auch einen großen Teil der Downtime ein. Als beschränkender Faktor stellte sich vor allem das Gigabit-Netzwerk heraus, welches nahezu konstant zu 90 Prozent ausgelastet war. Grundsätzlich mögliche Optimierungsmaßnahmen, wie eine gemeinsame Installation von Zentralinstanz und Datenbank auf einem System, ließen sich auf Grund von technischen Beschränkungen in diesem Fall nicht umsetzen.

Schlussendlich konnte die Migration von Intel nach IBM Power bereits nach 28 Stunden Downtime inklusive zahlreicher Keyuser-Tests erfolgreich abgeschlossen und das System für die Anwender freigegeben werden. Auf Grund der Vorbereitungsmaßnahmen waren diese am nächsten Arbeitstag in der Lage, wie gewohnt weiterzuarbeiten.

Aktuell setzt sich die Systemumgebung bei der HR Group aus drei IBM Power S824-Servern für das SAP ERP-System und weitere Anwendungen sowie einem IBM Power S822L-System für die produktive SAP HANA-Datenbank zusammen. Zwei gespiegelte IBM Storwize V5000 Systeme mit SSD-Tier erfüllen problemlos die für SAP HANA nötigen KPIs und stellen ausreichend Kapazität sowie die notwendige Performance zur Verfügung. Als Backup-Software kommt IBM Spectrum Protect (vormals IBM TSM) zum Einsatz. Pünktlich vor dem Go-Live erfolgte für den Backup-Client “IBM Spectrum Protect for ERP Data Protection for SAP HANA“ die allgemeine Freigabe. Dieser wurde im Rahmen des Projekts zum ersten Mal weltweit produktiv eingesetzt. Schäfer dazu: „Durch die Migration erreichten wir auch bei der Datensicherung eine spürbare Verbesserung. Denn bislang hatten wir das Backup des x86-Servers nur mittels eines Festplatten- Dumps und einer Filesystem-Sicherung durchgeführt – eine wenig elegante Lösung. Jetzt sind alle HANA-Datenbanken über die SAP-Standardschnittstelle backint in regelmäßige, automatisierte Sicherungsläufe eingebunden.“

Projektergebnis

Kurz nach der Beendigung des Projekts kann Schäfer bereits ein kurzes Fazit ziehen: „Alle Systeme laufen stabil, es gab weder vorher noch nachher Probleme. Die Performance stimmt. Bemerkenswert ist, dass wir mit den aktuellen IBM Power-Systemen mit 10-Cores im Prinzip die selbe Leistung erhalten wie von den früheren x86-Maschinen mit doppelt so vielen Cores. Obendrein profitieren wir zusätzlich von den neuen Virtualisierungsmöglichkeiten, müssen aber künftig eine Technologie weniger supporten. Kurz gesagt: Das Projekt war in jeder Hinsicht sinnvoll und zahlt sich bereits seit dem Go-Live für uns aus“. Aufgrund der neuen Möglichkeiten wagt Schäfer bereits einen Blick in die Zukunft: „Die HR Group hat bereits den Außendienst angebunden, damit die Kollegen vor Ort über Smartphones und Tablets in Echtzeit auf aktuelles Zahlenmaterial zugreifen können. Jetzt ist mittelfristig kundenseitig eine Integration zum Webshop denkbar, um etwa die Filialbestände in Realtime abzufragen. Zudem kann die Sortimentsplanung nun auch auf den Großhandel ausgeweitet werden, was uns gerade bei der Bestückung kleinerer Filialen mehr Flexibilität verschafft. Grundsätzlich gehe ich davon aus, dass bei SAP eher früher als später an SAP HANA kein Weg mehr vorbeiführen wird. Wir haben uns bereits heute darauf vorbereitet und wissen mit Axians einen langjährigen Partner mit Expertenwissen an unserer Seite“.

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