Service-Portale versinnbildlichen auf eine besondere Weise, was die Ganzheitlichkeit von Digitalisierung ausmachen kann. Über eine automatisierte und datengesteuerte Infrastruktur können verschiedene Akteure wie Endkunden, Unternehmen, IT-Dienstleister oder Techniker im Serviceprozess miteinander verbunden werden. Stefan Labenski ist als Axians Geschäftsführer NEO Solutions & Technology bestens mit solchen Systemen vertraut und lässt uns an den darin liegenden Möglichkeiten teilhaben.

 

Redaktion: Herr Labenski, wie bringen Sie den Nutzen von Service-Portalen auf den Punkt?

Stefan Labenski: Service-Portale verbessern das Serviceerlebnis für den Endkunden. Heißt: Es geht in erster Linie darum, einen höheren Grad an Individualisierung analog zu den Kundenbedürfnissen zu schaffen – auch weil das heute einfach zum Brand einer Marke dazugehört. Das passiert dann, wenn man Kundenanliegen ernst nimmt und möglichst flexibel und individuell darauf reagiert. Darüber lassen sich auch Ressourcen wie Fahrtkosten, Arbeitszeiten usw. einsparen, weil die Planbarkeit erhöht wird. Es ist aber nicht der erste Sinn und Zweck der Digitalisierung, eigene Prozesse als Sales Service auszulagern. Es geht – sowohl B2C als auch B2B – immer um das Serviceerlebnis und die Effizienz des Prozesses.

Wie weit hat sich die Nutzung von Service-Portalen denn bereits in der IT-Landschaft etabliert?

Im Moment sind Service-Portale häufig ein sehr passives Medium. Der Kunde muss sich meist aktiv anmelden, um Informationen daraus zu ziehen. Sie gleichen mehr einer Bibliothek. Ähnlich ist es mit der Automatisierung, die noch in den Kinderschuhen steckt. Ein alltägliches Beispiel sind Paketzusteller, von denen man schnell bis zu fünf sperrige E-Mails samt Umfragebogen bekommt, je nachdem, wo sich ein Paket gerade befindet. Das wirkt im Moment sicherlich noch etwas banal. Aber ich glaube, in diesem Bereich wird viel ausprobiert – es wird sich in den nächsten Jahren einiges entwickeln, das viel smarter integriert ist.

Wahrscheinlich würde man dazu neudeutsch „trial and error” oder „agil” sagen. Wo sehen Sie Raum für Entwicklungen, die zu besseren digitalen Service-Erlebnissen führen?

Aus meiner Sicht muss die Portal-Idee viel stärker in einen bidirektional-kommunikativen Ansatz überführt werden. Heißt: Es werden zum richtigen Zeitpunkt die richtigen Leute über den richtigen Kanal gefragt, informiert und eingebunden. Das hat viel damit zu tun, dass die IT-Systeme stärker miteinander vernetzt werden, mehr miteinander reden und dadurch mehr Informationen integriert werden können. Wobei klar ist, dass es für eine solche Aktivität auch andere Technologien braucht. Da ist so etwas wie WhatsApp zum Beispiel viel einfacher zu konsumieren und schneller als eine Anmeldung in einem Browser-Portal. Aus Kundensicht gedacht, ist ohnehin die Frage, was sinnvoll ist und was wertgeschätzt wird. Der Kunde möchte schließlich nicht über alles, sondern nur über das Besondere informiert werden.

Welche Erfolgsaussichten liegen Ihrer Meinung nach in der Integration solcher Servicesysteme? Und: Haben Sie nicht Sorge, dass unterwegs die „echten” Kundenbeziehungen verlorengehen?

Das sehe ich nicht so. Ich glaube, dass die Digitalisierung eine Riesenchance ist, den ganzen Overhead loszuwerden, der uns eigentlich nicht wirklich weiterbringt – und umgekehrt dabei hilft, uns auf das zu konzentrieren, was wichtig ist. Nehmen wir ein einfaches Beispiel: Ein Servicetechniker muss morgens nicht erst eine Stunde seine Routen planen, wenn bereits alles für ihn vorgeplant ist. Er hat dann mehr Zeit, um mit dem Kunden zu sprechen und vielleicht sogar einen Kaffee zu trinken.

Das Digitale als eine Art Ergänzung für den „human touch” also? Wie sieht hier Ihre persönliche Idealvorstellung aus?

Für mich läuft vieles zusammen in der Idee eines „digitalen Assistenzsystems”, das für mich auf verschiedene Eventualitäten reagiert. Natürlich so flexibel, dass ich trotzdem darauf Einfluss nehmen kann. Um im Beispiel der Service-Portale zu bleiben: Dass mir der Überbau aus Terminvereinbarungen, Planung, Benachrichtigungen durch eine künstliche Intelligenz abgenommen wird – je nachdem, was mir wichtig ist und ich gerade tun möchte. Dafür ist gerade in der Corona-Zeit ein neues Bewusstsein entstanden – und eine gewisse Dringlichkeit, sich mit digitalen Prozessen für die Zusammenarbeit unabhängiger zu machen.

Und dennoch wirkt es so, als ob viele Organisationen bei allem Willen zur Digitalisierung derzeit vom Regen in die Traufe kommen. Woran hakt es Ihrer Erfahrung nach bei der Umsetzung?

Das Thema Kultur spielt eine wichtige Rolle. Digitalisierungsprojekte gehen beim Kunden auch immer mit Organisationsentwicklung einher. Es ändern sich die Abläufe hinter den Kulissen – und der Kunde steht vor der Herausforderung, Innovation in hoher Geschwindigkeit für seine Organisation zu adaptieren. Ein anderes Thema ist die Landschaftsarchitektur der Software. Denn: Nicht alle Lösungen, die der Kunde im Einsatz hat, passen auch 100 % zueinander – und nicht alles ist auf dem neuesten technischen Stand. Wir haben es oft mit Altsystemen zu tun oder fehlenden Datenstrukturen, die dann migriert oder aufgebaut werden müssen. Da gehen Rechnungswesen und Logistik oft vor Prozessen wie Service, einfach um die eigenen Mitarbeiter nicht zu überlasten.

Wie geht Axians mit dieser Ambivalenz um? Wie unterstützen Sie Ihre Kunden dabei, die richtigen Schritte vor allem im Service zu gehen?

Wir versuchen mit guter Beratung sowie vielen Tools und Methoden unseren Kunden so gut es geht unter die Arme zu greifen. Klar, Organisationsentwicklung kann nicht von außen entstehen. Wir versuchen aber dennoch, frühzeitig auf Hindernisse und Widerstände hinzuweisen. Zum Beispiel spielen wir mit unseren Kunden immer verschiedene Szenarien durch oder binden Key User und Mitarbeiter in den gesamten Entwicklungsprozess mit ein. Denn eins ist klar: Digitalisierung muss am Ende aus Sicht der Mitarbeiter, die das Ganze bedienen, und der Nutzer, die konsumieren, die Vorgänge verbessern und Vorteile bringen.

Anders ausgedrückt könnte man vielleicht sagen: Es braucht ein gutes Zusammenspiel, um Digitalisierungsprojekte umzusetzen. Was, glauben Sie, schätzen denn Ihre Kunden an Ihren Produkten und Services?

Generell glaube ich, dass sich Zufriedenheit vor allem an zwei Kriterien misst: den Kosten und ob das Ergebnis dem entspricht, was sich der Kunde vorgestellt hat. Darüber hinaus geht es natürlich auch immer um das „Wie“ – hier bemühen wir uns um Transparenz und gute Kommunikation, gerade wenn mal etwas nicht so gut klappt. Ich glaube, dass unsere Kunden vor allem unsere Innovationsfreude und Flexibilität schätzen, mit der wir auf ihre Anforderungen eingehen und praktikable Lösungen bauen – mit SAP-Technologie, ohne Medienbrüche, aus einer Hand. Denn: Ein Service-Portal allein hat überhaupt keine Funktion. Es lebt davon, dass es ins SAP und andere Servicelösungen integriert ist sowie Informationen aus der Disposition, der mobilen Applikationen usw. aufgreift. Wir verkaufen kein Standardpaket, sondern schneiden die Lösung immer individuell auf den Kunden zu. Und das ist etwas, das mir persönlich viel Spaß macht.