Den Expert:innen von Axians gelingt trotz widriger Wetterbedingungen auf hoher See und defekten Bauteilen die Realisierung eines stabilen Versorgungsnetzes für den Luftverkehr über der Nordsee.
Vor Errichtung des Windparks „Hohe See“ übernahm Axians die Planung sowie Installation der Mobilfunkversorgung für das Servicepersonal des Windparks in einer Werft in Antwerpen. Aus der erfolgreichen Zusammenarbeit resultierte 2019 ein Folgeauftrag, der den Begriff „Herausforderung“ für die Expert:innen von Axians neu definierte: Die Aufgabenstellung war der Lückenschluss in einem europaweiten Versorgungsnetz für den Luftverkehr, dem European Aviation Network (EAN). Das Ziel: Flugreisenden eine stabile und schnelle Datenverbindung zu ermöglichen, um während der Flugreise im Internet surfen zu können oder beispielsweise Videos zu streamen.
Jahre der Planung und Anpassung
Über einen Zeitraum von zwei Jahren entstanden verschiedene Entwürfe, immer im Einklang mit den Wünschen des Mobilfunkversorgers und des Eigentümers des Windparks. Nach einer kritischen Prüfung der Machbarkeit und der aktuellen Gegebenheiten vor Ort war es im Mai 2022 endlich so weit: Der Auftrag zur Realisierung des Projekts wurde erteilt. Anschließend ging alles sehr schnell, denn die erste Montagephase wurde für September 2022 geplant.
Die Installation und Wartung eines Funknetzes auf dem offenen Meer ist eine große Herausforderung. Wir sind stolz darauf, mit unserem Fachwissen an einem so bedeutenden Projekt für den europäischen Luftverkehr beteiligt zu sein.
Gerd Singer, Projektleiter der Axians GA Netztechnik GmbH
Drei engagierte Axians-Kolleg:innen meldeten sich freiwillig für den Einsatz und durchliefen eine intensive Ausbildung für die bevorstehende Offshore-Montage. Darin enthalten waren gesundheitliche Eignungstests, theoretischer Unterricht und praktische Übungen in Brand- und Seenotrettung. Der Höhepunkt der Ausbildung war die Simulation eines Hubschrauberabsturzes in einem Indoor-Schwimmbad – eine lebensrettende Übung, die den Ernstfall im Sturm erproben sollte.
Von der Theorie zur Realität auf hoher See
Die Materialien und Werkzeuge für die erste Montageperiode wurden im Emdener Hafen auf das Versorgungsschiff verladen. Begleitet von Servicekräften des Eigentümers sowie einem Ansprechpartner des Kunden begaben sich die Kolleg:innen auf die Reise zum Windpark in der stürmischen Nordsee, circa 100 Seemeilen vor Helgoland.
Auf dem offenen Meer angekommen, begann der Kampf mit den Elementen: Insbesondere der tägliche Überstieg vom Versorgungsschiff auf die Plattform erwies sich als wetterabhängiges Abenteuer. Aus Sicherheitsgründen kann diese Aktion nur bei einer Wellenhöhe bis maximal 2,5 Metern durchgeführt werden. Die widrigen Wetterbedingungen verhinderten vorerst einen Überstieg und verlangten den Monteur:innen viel Geduld ab. Sie verharrten auf dem Versorgungsschiff, während das Wetter und somit auch die Zeit gegen sie spielten. Da die Montageeinsätze auf See immer auf 14 Tage ausgerichtet sind, ist auch die Versorgung für die Mannschaft auf dem Schiff auf diese Zeitdauer ausgelegt – ein längerer Aufenthalt auf See war somit ausgeschlossen. Nach drei Tagen legte sich der Wellengang endlich und die Arbeit konnte beginnen. Die benötigten Teile wurden mittels Kran auf die Plattform verladen und die Monteur:innen machten sich mit den Örtlichkeiten vertraut. Dann begann der eigentliche Kraftakt: Zunächst wurden am Mast auf dem oberen Deck Halterungen für die vier Sektor-Antennen angebracht. Zusätzlich zu den Arbeiten am Funkmast musste im Technikraum ein Stellplatz freigeräumt werden, um Platz für eine neue Stromversorgungsanlage zu schaffen. Diese wurde von den Monteur:innenen aufgebaut, angeschlossen und mit der bestehenden Mobilfunkanlage verbunden.
Dieses Projekt war eine einmalige Erfahrung. Sich auf einer schwankenden Plattform den technischen Herausforderungen zu stellen und den Mast zu erklimmen, erfordert nicht nur Fachwissen und viel Erfahrung, sondern auch Nerven aus Stahl.
Stephan Gabbert, Monteur der Axians GA Netztechnik GmbH
Technische Meisterleistung im Sturm
Der Sturm nahm während dieser Montagephase immer wieder dramatisch zu, sodass die Monteur:innen nur sechs Überstiege auf die Plattform durchführten und die Arbeiten nicht fertiggestellt werden konnten. Eine zweite Montagephase musste also geplant werden. Durch die hohe Auslastung des Eigentümers und die damit verbundene begrenzte Verfügbarkeit auf dem Versorgungsschiff musste der zweite Teil der Montage Ende Februar 2023 und somit im Winter durchgeführt werden. Bedingt durch schlechte Witterung, Kälte und starken Wind kam es auch bei der zweiten Montagephase zu langen Wartzeiten auf dem Versorgungsschiff. Der erste Überstieg und somit der eigentliche Start des Aufbaus erfolgte am Mittag des dritten Reisetags. Nach der Baustelleneinrichtung wurden die Kabel auf der Plattform vorbereitet und die 4 EAN-Antennen per Winde nach oben gezogen und montiert. Anschließend wurden die Kabel in der senkrechten Trasse des Gittermastes verlegt und die benötigten Jumper für den Anschluss der Antennen vorbereitet.
Zu unvorhergesehenen weiteren Herausforderungen führten mehrere defekte Bauteile an der Technik, die ausgetauscht werden mussten, und Fehler in der Konfiguration der beigestellten Systemtechnik. Eine längere Suche nach der Ursache – einem defekten Glasfaserkabel – benötigte Zeit und Erfindergeist, denn vor Ort gab es keinen Ersatz für das Kabel. Die Übergangslösung – ein umfunktioniertes Kabel für den Innenbereich – muss in einem dritten Einsatz getauscht werden. In diesem werden außerdem Umbauten an der Mobilfunkversorgung durchgeführt, die im Rahmen der Modernisierungsarbeiten des Mobilfunkversorgers notwendig sind.
Ein Meilenstein in der Mobilfunktechnologie
Trotz der widrigen Umstände, darunter windige Perioden und Überstiege bei unruhiger See, bewiesen die Expert:innen ihre Fähigkeiten. Der Höhepunkt war erreicht, als die Anlage eingemessen, in Betrieb genommen und per Remote getestet wurde. So funktionierte am Abreisetag nicht nur die Systemtechnik, sondern interagierte auch nahtlos mit der bestehenden Infrastruktur. Eine funktionsfähige Anlage konnte an den Kunden übergeben werden.
Die Herausforderungen waren immens, aber unser Team hat bewiesen, dass es diesen gewachsen ist. Jeder Schritt war präzise geplant, und das Training hat sich bezahlt gemacht. Das European Aviation Network steht nun stärker denn je.
Thorsten Grunwald, Divisionsleiter bei Axians Deutschland